Förderung Pavlenko 1Am 18.07.2022 führte der APD eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema „Ansätze im System der staatlichen Förderung der Landwirtschaft in der Ukraine – Vorschläge unter Berücksichtigung internationaler Erfahrungen“ durch. Am Online-Fachgespräch haben sich über 70 Vertreter des MAPE, kommunaler Selbstverwaltungsorgane, Agrarfachverbände, wissenschaftlicher Einrichtungen und unabhängige Experten beteiligt. Svitlana Pavlenko, Kurzzeitexpertin des APD, stellte einen Überblick zum Thema „Aktueller Stand der staatlichen Förderprogramme/des staatlichen Förderwesens im Agrarsektor, Änderungen unter den Bedingungen des Kriegszustands, Vorschläge zur Entwicklung nach dem Krieg“ vor, welche von Thomas Herzfeld, Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO), kommentiert und anschließend gemeinsam diskutiert wurden.

Pavlenko schilderte die wichtigsten Bereiche der staatlichen Förderung im Jahr 2021 und verwies darauf, dass mit dem Beginn des Krieges die staatlichen Fördermittel dem Reservefonds des Staatshaushalts zugesprochen wurden. Im Rahmen der Studie von Pavlenko wurde eine kleine Befragung von Agrarproduzenten aus verschiedenen Regionen der Ukraine und Unternehmen unterschiedlicher Rechts- und Organisationsformen sowie Größen durchgeführt, wobei Landwirte zu den aktuellen Bereichen und zur Effizienz bei staatlichen Förderprogrammen befragt wurden. Die meisten Befragten waren mit Schwierigkeiten bei der Beantragung von staatlichen Haushaltsmitteln konfrontiert. Unter den wichtigsten Gründen wurden bürokratische Hindernisse und Informationsdefizite angeführt. Daneben hält ca. die Hälfte der Befragten die Einführung von direkten Zuschüssen pro Fläche bzw. pro Produktionseinheit für sinnvoll. Folgende Förderbereiche sind weiterhin aktuell: Teilerstattung der Saatgutkosten, Teilerstattung der Beschaffungskosten für Landtechnik und Ausrüstung aus ukrainischer Produktion sowie Förderung der Gewächshauswirtschaft, des Freiluftanbaus von bestimmten Pflanzenarten (Möhren, Tomaten, Paprika). Aus Sicht der Befragten könnten folgende Bereiche nach dem Krieg von Interesse sein: Förderung der Produktion von Biobrennstoff, Beihilfen für tierverarbeitende Betriebe zur Deckung der Kosten der Einführung von Lebensmittelsicherheitssystemen, Fördermittel zur Bezahlung des einheitlichen Beitrags im Rahmen der staatlichen Sozialversicherungspflicht sowie staatliche Aufträge für Grundnahrungsmittel. Pavlenko unterbreitete Vorschläge und wies auf die Notwendigkeit hin: ein angemessenes System von Analysen und Prognosen zur Kalkulation von landwirtschaftlichen Fördermitteln zu entwickeln, die Möglichkeit der Einführung einer automatischen Berechnung der Höhe von jährlichen Beihilfen bzw. Zuschüssen ohne weitere Änderungen in die Vorgehensweisen zur Nutzung von Fördermitteln zu prüfen; die Unterstützung der neugegründeten Wirtschaftssubjekte im Bereich der Agrarwirtschaft durch Bereitstellung von Zuschüssen pro ha für die gesamte Dauer der Gründungsphase in Erwägung zu ziehen; Steuervergünstigungen für Wirtschaftssubjekte einzuführen, die bis 100 ha Fläche bewirtschaften und das umfassende System der Information über die Möglichkeiten der Teilnahme an staatlichen Förderprogrammen und Änderungen in der staatlichen Agrar- und Steuerpolitik sowie im Bereich der Bodenverhältnisse zu entwickeln und umzusetzen. „Eine wichtige Funktion bei der Bereitstellung von Informationen sowie der Beratung von Landwirten könnten entsprechende Experten auf der kommunalen Ebene übernehmen“, betonte Pavlenko. (Link zum Bericht)

Thomas Herzfeld schilderte in seinem Kommentar die Struktur des agrarpolitischen Instrumentariums zur Förderung von Agrarproduzenten. Er hob die Bedeutung von kurzfristigen Interventionen hervor mit dem Ziel, die Agrarproduktion (inkl. Absatz) und Lebensmittelversorgung aufrechtzuerhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, können u.a. folgende Instrumente in Erwägung gezogen werden: administrative Erleichterungen; Steuervereinfachung; Ausnahmen für Landwirtschaft und (temporäre) Markteingriffe. „Dabei kommt der Identifikation und Priorisierung der Ziele im demokratischen Prozess unter Berücksichtigung der Resilienz und Nachhaltigkeit als Leitthemen bei der Gestaltung der aktuellen Agrarpolitik eine entscheidende Bedeutung zu“, so der Experte. Dabei sollten entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Attraktivität für Investitionen in diesen Sektor zu ermöglichen. Als Beispiele wurden von Herzfeld das European das Recovery Programme (Marshall Plan, 1948-51) und Western Balkans Investment Framework angeführt. Er wies daneben auf den hohen Finanzbedarf bei gleichzeitig zunehmend kleinerem fiskalischem Spielraum, aufgrund der Kriegshandlungen und teilweise Produktions- und Einnahmeverluste, hin. Daher könnte eine richtige Definition von strategischen Zielen der Agrarpolitik zu einer höheren Breitewirksamkeit von beschränkten Ressourcen beitragen. (Link zum Bericht)

Zusammenfassend stellte die Interimsleiterin des APD-Projekts und Moderatorin der Veranstaltung, Mariya Yaroshko, fest, dass die Ergebnisse der Befragung in der weiteren Entwicklung von Förderprogrammen im Agrarsektor unausweichlich sind. Sie fügte hinzu, dass die Anwendung der Grundsätze der Resilienz und Nachhaltigkeit in der agrarpolitischen Entscheidungsfindung sehr für den europäischen Integrationsprozess der Ukraine sehr hilfreich sind. Dies würde in der Folge die Steigerung der Effizienz von Programmen und eine bessere Umsetzung agrarapolitischer Maßnahmen auf lokaler Ebene ermöglichen“. (Link zur Videoaufnahme der Veranstaltung)

Quelle: APD; Foto: APD; Datum: 18.07.2022

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