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Bewertung der Auswirkungen des agrar- und ernährungswirtschaftlichen Handels zwischen der Ukraine und der EU

Die Kyiv School of Economics (KSE) hatte im zweiten Halbjahr 2024 eine Studie mit Analyse möglicher Entwicklungsszenarien für den agrar- und ernährungswirtschaftlichen Handel im Kontext der EU-Integration und der damit verbundenen Handelsbeschränkungen durchgeführt. Die Untersuchung wurde vom APD auf Anfrage des Agrarausschusses der Industrie- und Handelskammer der Ukraine initiiert. Die vorläufigen Ergebnisse der Studie wurden im Rahmen der turnusmäßigen Sitzung des Ausschusses am 07.11.2024 vorgestellt und diskutiert.
Die KSE Studie nimmt Bezug auf eine Berichterstattung der EU-Kommission, aus der hervorgeht, dass sich die Ukraine in einer frühen Phase der Vorbereitung im Bereich Landwirtschaft und ländliche Entwicklung befindet. Die EU-Kommission weist  ein moderates Vorbereitungsniveau in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Veterinärmedizin und Pflanzengesundheit auf. Seit dem Inkrafttreten des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der EU im Jahr 2014 sowie der Einführung der vertieften und umfassenden Freihandelszone (DCFTA) im Januar 2016 wurde der Agrarhandel zwischen beiden Partnern nahezu vollständig liberalisiert. Dennoch blieben einige Beschränkungen bestehen, darunter Zollkontingente für 40 Warengruppen wie Getreide, Fleisch, Zucker und andere agrar- und ernährungswirtschaftliche Produkte. Diese Warengruppen machten etwa 35% der landwirtschaftlichen Exporte der Ukraine in die EU aus.
Im Juni 2022 führte die EU als Reaktion auf den Krieg Russlands autonome Handelsmaßnahmen (AHM) ein, welche die bestehenden Beschränkungen aufhoben. Dadurch stieg der ukrainische Export von Agrarprodukten, insbesondere von Getreide und Ölsaaten, erheblich an. Dies löste in einigen EU-Mitgliedstaaten Proteste aus, da Befürchtungen über eine übermäßige Konkurrenz durch den ukrainischen Agrarsektor aufkamen. Im Juni 2024 kündigte die EU die Einführung einer „Notfallbremse“ im Rahmen der AHM an. Diese könnte Zollkontingente für sieben Agrarprodukte automatisch wieder in Kraft setzen, falls die Importmengen die durchschnittlichen Werte aus dem Zeitraum Juli 2021 bis Dezember 2023 überschreiten.
Für die zukünftige Handelsentwicklung werden in der KSE Studie zwei Hauptszenarien modelliert:
1.    Die Einführung von Handelsbeschränkungen durch die AHM.
2.    Der Beitritt der Ukraine zur EU, der zusätzliche Kosten für die Einhaltung der EU-Anforderungen mit sich bringt.
Die Ergebnisse der Modellierung zeigen, dass es, falls der Krieg 2025 endet, keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem Basisszenario und einem Szenario mit Handelsliberalisierung oder der Einführung von AHM geben wird. Dies ermöglicht es der Ukraine, künftige Handelsverhandlungen mit größerem Selbstbewusstsein zu führen. Im Falle eines schnellstmöglichen EU-Beitritts wird aufgrund der gestiegenen Kosten für die Einhaltung der EU-Standards ein vorübergehender Rückgang der Liefermengen erwartet. Dieser könnte jedoch bis 2033 durch ein weiteres Produktivitätswachstum vollständig ausgeglichen werden.
Der ukrainische Agrarsektor zeigt eine hohe Wettbewerbsfähigkeit, die es ihm erlaubt, seine Position selbst bei zusätzlichen Handelsbeschränkungen zu behaupten. Die Ergebnisse der Studie leisten einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis der Perspektiven und Herausforderungen, denen die Ukraine auf ihrem Weg zur EU-Vollmitgliedschaft gegenübersteht. Zudem unterstreichen sie die Bedeutung kontinuierlicher Handelsverhandlungen, um eine stabile Entwicklung der Agrarwirtschaft auch unter den schwierigen Bedingungen des Krieges sicherzustellen.

Quelle und Foto: APD
 

07.11.2024
APD Projektaktivität