Aktuelle Entwicklungen auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt seit der Öffnung für juristische Personen

Am Dienstag, dem 29. Oktober 2024 führte der APD-Fachdialog Boden die zweite Online-Fachveranstaltung mit dem Titel „Bodenmarktentwicklung für landwirtschaftliche Flächen in der Ukraine vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs“ durch.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Ergebnisse einer Analyse, die sich mit der Dynamik der Transaktionen auf dem Bodenmarkt sowie der Preisentwicklung für landwirtschaftliche Flächen seit Bodenmarkteröffnung beschäftigte. Ein besonderer Fokus lag auf der Auswertung von Bodenkäufen durch juristische Personen, die seit dem 1. Januar 2024 ebenfalls landwirtschaftliche Flächen auf dem Bodenmarkt erwerben dürfen. Beleuchtet wurden außerdem die Fragen einer eventuellen Zunahme der Bodenkonzentration sowie eventuelle Weiterverkäufe von erworbenen Flächen.
Nachdem Andriy Martyn die gesetzlichen Regelungen für den Bodenmarkt, die den institutionellen Rahmen für den Handel mit landwirtschaftlichen Flächen in der Ukraine bilden, vorstellte, fasste Vasyl Kvartiuk die wesentlichen Ergebnisse der Auswertung von insgesamt rund 257.000 Verkaufstransaktionen auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt zusammen.
Bei der Visualisierung der Verkaufsfälle auf der Zeitachse zeige sich, so Herr Kvartiuk, ein deutlicher Rückgang seit Kriegsbeginn. Allerdings könne seit Öffnung des Bodenmarktes für juristische Personen ein Anstieg der Verkaufsfälle bei den Flächen für die kommerzielle Landwirtschaft im Zeitraum Februar bis Juni 2024 verzeichnet werden. Der durchschnittliche Umschlag von landwirtschaftlichen Flächen seit Bodenmarktöffnung betrage in der Ukraine ca. 0,46% pro Jahr. Dies sei deutlich niedriger als in den EU-Mitgliedsstaaten, wo die durchschnittlichen Werte zwischen ein bis zwei Prozent pro Jahr lägen.
Die nominalen und realen Preisentwicklungen sowohl für kommerzielle Landwirtschaft als auch die sogenannten OSG-Flächen (Boden für die individuelle Landwirtschaft) würden sich auf der Zeitachse sehr volatil zeigen. Allerdings sei seit Januar 2024 ein moderater Preisanstieg zu verzeichnen. Bei der Betrachtung der regionalen Verteilung der Verkaufsfälle zeige sich, dass juristische Personen dazu tendieren, Flächen weit weg von der Frontlinie zu erwerben. Verkaufs-Cluster mit hohen Preisen zeigten sich im Oblast Poltava, mit niedrigen Preisen im Oblast Zhytomyr.
Die Auswertungen veranschaulichten ferner, dass ca. 5% der erworbenen kommerziellen Landwirtschaftsflächen und knapp 8% der OSG-Flächen ein oder mehrfach weiterverkauft würden. Weiterverkäufe in kurzem zeitlichem Ablauf erfolgten häufig zu geringerem Preis als dem ursprünglichen Kaufpreis, was beispielsweise auf Notverkäufe auf Grund der Kriegssituation hinweisen könne. Weiterverkäufe nach einem Jahr bei steigenden Preisen auf dem Markt könnten hingegen auf Transaktionen mit dem Ziel der Bodenspekulation hinweisen.
Die Auswertung der Daten zeige darüber hinaus, dass sich die Bodenkonzentration mit Bezug auf natürliche Personen im Zeitraum 2022-2024 nicht geändert habe. Für juristische Personen zeichne sich hingegen ein anderes Bild. Während die Bodenkonzentration bei Unternehmen mit 100 bis 400 ha Fläche im Eigentum etwas zugenommen habe, würde sie bei Unternehmen mit mehr als 400 ha etwas abnehmen. Dies könne auf einen zunehmenden ökonomischen Druck oder eine strategische Neuausrichtung bei den größeren Unternehmen hindeuten. Insgesamt ließe sich anhand der Trends keine exzessive Bodenkonzentration erkennen.
Im Rahmen der Diskussionsrunde wurden Fragen der Bodenmarktregulierung, Steuerung und Beschränkungen in Deutschland und der EU sowie das Verhältnis von landwirtschaftlichen und außerlandwirtschaftlichen Akteuren auf dem Bodenmarkt beleuchtet und diskutiert.
Insgesamt nahmen knapp 80 Interessierte an der Veranstaltung teil.
Alle Studien der Autoren Herrn Kvartiuk und Herrn Martyn zur Boden- und Pachtmarktentwicklung finden sich auf der APD-Webseite veröffentlicht: Veröffentlichungen - APD Ukraine
Quelle und Foto: FDB