IMG 8019Am 10.11.2015 hatte der Deutsch-Ukrainische Agrarpolitische Dialog (APD), in Zusammenarbeit mit der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) und der Arbeitsgruppe Agrarwirtschaft des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (OA)

im Rahmen der Agritechnica in Hannover zu einer Informationsveranstaltung zum Thema „Reformen im Agrarsektor der Ukraine – Ergebnisse und Perspektiven“ eingeladen.

Mehr als 100 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt; unter ihnen der Minister für Agrarpolitik und Ernährung der Ukraine (MAPE), Oleksiy Pavlenko, der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Peter Bleser, weitere Regierungsvertreter sowie Vertreter deutscher und ukrainischer Fachverbände und Unternehmen bzw. wissenschaftlicher Einrichtungen.

Im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussion standen aktuelle agrarpolitische Herausforderungen in der Ukraine, u.a.: die Entwicklung des Bodenmarktes und Intensivierung der Bodennutzung, die Schaffung eines effektiven Besteuerungssystems sowie die Einführung von EU-Qualitäts- und Sicherheitsstandards. Grundlage für all diese Vorhaben ist eine umfassende Reform der Verwaltungsstrukturen im Agrarbereich. Langfristige, verlässliche Rahmenbedingungen in diesen und anderen Schlüsselbereichen der Agrarpolitik sollen Investitionen fördern und zur Intensivierung des internationalen Handels beitragen.

IMG 8011In seinem Grußwort betonte Staatssekretär Bleser, dass die Ukraine durch die Steigerung der Getreideproduktion und –exporte in den vergangenen Jahren einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung der Welternährung geleistet hat. Das Assoziierungs- und das Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine eröffne neue Chancen für Agrarhandel und Investitionen. „Wir können mit unseren deutschen Erfahrungen, insbesondere aus der Transformation der ostdeutschen Landwirtschaft, helfen, die weiterhin bestehenden Wachstumspotentiale zu erschließen“, sagte Bleser. Er hob die Rolle des APD bei der Gestaltung von Partnerschaften sowie bei der Umsetzung der BMEL-Projektaktivitäten in der Ukraine hervor.

Minister Pavlenko informierte über die ambitionierte Reformagenda der Ukraine. Wichtige Ergebnisse wurden u.a. bei der Deregulierung und bei der Einführung elektronsicher Behördenfunktionen erreicht, die zur Verbesserung der Effektivität der Verwaltung und zum Abbau der Korruption beitragen sollen. Weitere Deregulierungen sowie die Privatisierung von 86 Staatsgütern sollen folgen. Wichtige agrarpolitische Ziele bleiben weiterhin die Liberalisierung des Landmarktes, die Einführung von Finanzierungs- und Versicherungsmechanismen, die Harmonisierung der Agrargesetzgebung mit den Anforderungen der EU sowie die Automatisierung der öffentlichen Beschaffungssysteme.

IMG 8080Besondere Aufmerksamkeit galt den Einschätzungen der Agrarwirtschaft zum Reformfortschritt. Hierzu präsentierte der Vertreter des ukrainischen Agrarforums, Aleksander Vershechovski, zunächst wichtige Vorzüge der Landwirtschaft in der Ukraine und sprach sich gegenüber der Regierung anerkennend über die erreichten Fortschritte bei der Lösung wichtiger agrarpolitischen Herausforderungen aus. Gleichzeitig bleibe eine Reihe von spezifischen Hemmnissen für den weiteren wirtschaftlichen Aufschwung im Agrarsektor bisher ungelöst. Kurzfristige Lösungen, wie z.B. die aktuelle Verlängerung des Moratoriums um nur ein Jahr, seien nicht ausreichend. „Prinzipiell ist die Agrarwirtschaft zu Investitionen und zur Intensivierung der Produktion bereit. Voraussetzung sind aber verlässliche und vor allem langfristige Rahmenbedingungen“, sagte Vershechovski.

IMG 8022Im Rahmen der Diskussion beantwortete Minister Pavlenko Fragen der Teilnehmer der Veranstaltung, u.a. zum Thema GVO-freies Soja: „In der EU besteht eine hohe Nachfrage nach GVO-freiem Soja. Hier sieht das ukrainische Ministerium für Agrarpolitik und Ernährung ein wichtiges Exportpotential, allerdings müssen die Zertifizierungsanforderungen garantiert werden.“ Minister Pavlenko sprach weiterhin über die Angleichung der Besteuerung in der Landwirtschaft an das allgemeine Steuersystem, die vor allem vom IWF gefordert wird. „Da die Förderprogramme im Agrarsektor zur Zeit nicht wirksam werden können, ist es besonders wichtig das jetzige Steuersystem vorerst zu erhalten und es schrittweise, mittelfristig, unter Einbeziehung aller Interessenvertreter, zu reformieren.“ sagte Pavlenko. Weiterhin lud Minister Pavlenko die Vertreter der Wirtschaft zur Intensivierung des Dialogs mit der Politik ein: „Sagen Sie uns, was die Entwicklung Ihrer Unternehmen behindert und lassen Sie uns gemeinsam agrarpolitische Lösungen finden, natürlich unter Berücksichtigung der gesamtgesellschaftlichen Anforderungen aller Interessenvertreter.“

In der anschließenden Podiumsdiskussion begrüßte Herr Dirk Stratmann, Ukraine-Sprecher der AG Agrarwirtschaft im Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, die enorme Intensität und die neue Transparenz in der Zusammenarbeit mit dem MAPE. Stratmann führte im Weiteren aus: „Die agrarpolitischen Herausforderungen sind äußerst komplex und der Agrarsektor der Ukraine befindet sich in einem schwierigen wirtschaftspolitischen Umfeld. Wir sollten gemeinsam mit dem Ministerium und dem ukrainischen Parlament, mit mehr Pragmatismus und Beharrlichkeit an der Lösung der vor uns stehenden Herausforderungen arbeiten.“

Prof. Dr. Alfons Balmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO), würdigte ebenfalls die Leistungen der neuen Regierung gemeinsam mit den internationalen Partnern dahingehend, dass das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der ukrainischen Landwirtschaft gestärkt wurde und ein Zusammenbruch der Produktion ausblieb. Noch immer aber rangiert die Ukraine im Doing-Business-Index der Weltbank auf einem der letzten Plätze. Allerdings können Herausforderungen der allgemeinen Politik, wie z.B. die Korruption, nicht alleine durch die Agrarpolitik bewältigt werden. „Die Agrarpolitik kann aber durch den Abbau unnötiger Bürokratie einen wichtigen Beitrag leisten. Langfristig müssen die steuerlichen Sonderregelungen für die Landwirtschaft abgebaut werden.“ sagte Balmann.

IMG 8096In der weiteren Diskussion, an der auch Aleksander Romanowsky, Direktor der Abteilung für Internationale Beziehungen des MAPE teilnahm, wurde die Bedeutung der Bereitstellung deutscher Erfahrungen über die Projekte des Bilateralen Kooperationsprogramms des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft unterstrichen. Der Moderator, Dr. Volker Sasse, lenkte die Diskussion noch einmal auf den Einfluss der allgemeinen politischen Rahmenbedingungen auf das Investitionsklima im Agrarsektor. „Eine kürzliche Umfrage zur Ermittlung des Business-Klimas in der Ukraine, durchgeführt vom APD gemeinsam mit dem Ukrainischen Agribusiness Club, weist darauf hin, dass die Agrarwirtschaft besonderes Augenmerkt auf die Stabilität in der Gestaltung der allgemeinen Politik richtet, insbesondere auf die Außenhandelsbeziehungen mit Russland, die militärischen Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine, die Bekämpfung der Korruption sowie die Negierung von Partikularinteressen in der Gesetzgebung.“

Quelle: APD. Fotо: APD. Datum: 10.11.2015

Präsentationen:

Oleksiy Pavlenko

Aleksander Vershechovski

 

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