NivievskyAm 01.03.2021 trat der Gesetzentwurf Nr. 1115-IX in Kraft, welcher die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes von 20% auf 14% für einige Arten von Agrarprodukten vorsieht, u.a. Lebendvieh, Getreide und Ölsaaten, Milch, Saatgut und Zuckerrüben. Die Autoren des Gesetzes argumentierten, dass ein solcher Ansatz zur Reduktion der Schattenwirtschaft und damit zur Steigerung der Haushaltseinnahmen beitragen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der ukrainischen Agrarexporteure verbessern würde.

In Vorbereitung dieser Gesetzesinitiative hatte das Projekt Agritrade Ukraine (ATU) bereits 2020 unter Beteiligung ukrainischer und internationaler Experten die Wirkung modifizierter Mehrwertsteuersätze aus wissenschaftlicher Sicht kritisch bewertet.

Vor diesem Hintergrund fand am 28.07.2021 auf Initiative des APD eine Online-Informationsveranstaltung statt, um Auswirkungen der reduzierten Mehrwertsteuer auf die wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine zu analysieren.

Der entsprechende Bericht wurde von Oleg Niviejevskiy, Professor an der Kyiv School of Economics, erstellt und präsentiert. Niviejevskiy betonte zunächst die schlechte Datenlage, die die Vorbereitung des Gesetzes beeinträchtigt hat und nun auch das Monitoring der wirtschaftlichen Auswirkungen erschwert. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sollte die Erhebung der Mehrwertsteuer fair – d.h. weitgehend gleich – unter den Produzenten verteilt werden, um unerwünschte, partielle Steuerungseffekte auszuschließen. Niviejevskiy bewertet die Senkung des Mehrwertsteuersatzes kritisch. Er erwartet negative Auswirkungen auf den Staatshaushalt; einen Rückgang der Attraktivität für die Verarbeitungsindustrie und eine weitere Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Exporteure von Agrarrohstoffen. Auch aus den internationalen Erfahrungen lassen sich, laut Niviejevskiy, keine Begründungen für die Senkung der Mehrwertsteuer – nach dem Beispiel der Ukraine – ableiten. Als Zusammenfassung empfahl Niviejevskiy, den Vorzugssteuersatz für Agrarrohstoffe wieder abzuschaffen.

Der Leiter des APD, Volker Sasse, kritisierte die Berücksichtigung von Partikularinteressen in der Gesetzgebung und verwies darauf, dass komplexe, tiefstrukturierte staatliche Regelungen immer auch Ansätze zur Korruption bieten. „Der APD wird die gesetzlichen Regelungen im Bereich der Mehrwertsteuer für Agrarprodukte weiterhin auf der Grundlage evidenzbasierter Analysen und internationaler Erfahrungen mit seiner Beratungskompetenz begleiten. Ausgangspunkt bleibt das agrarpolitische Ziel – die Maximierung des Beitrages der Landwirtschaft zum Allgemeinwohl in der Ukraine.“ sagte Sasse.

Zwischenzeitlich, am 29.07.2021 hat der Präsident der Ukraine das Gesetz über die Wiedereinführung der Mehrwertsteuer in Höhe von 20% für die Einfuhr von Rindern, Schweinen, Schafen, Milch, Roggen, Hafer, Leinsamen, Ölsaaten und Zuckerrüben unterzeichnet. Der Mehrwertsteuersatz für die Einfuhr von Weizen, Gerste, Mais, Sojabohnen, Raps und Sonnenblumen bleibt auf dem Niveau von 14%.

Quelle: APD, https://www.epravda.com.ua/rus/news/2021/07/29/676395/; Foto: APD;
Datum: 28.07.2021

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